Rechtsprechung

Was sagt das Bundesarbeitsgericht (BAG)Erfurt dazu:

Ist ein Stellenbewerber für eine ausgeschriebene Stelle objektiv nicht geeignet, so scheidet grundsätzlich eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung im Sinne von §§ 1 und 7 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes aus, wenn ihn der Arbeitgeber nicht zu einem Vorstellungsgespräch einlädt.

Ein Entschädigungsanspruch nach § 15 II AGG entfällt.

Im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung können sich Arbeitnehmer grundsätzlich nicht auf eine freie Beschäftigungsstelle in einer ausländischen Betriebsstätte berufen. § 106 der Gewerbeordnung gewährt dieses Direktionsrecht des Arbeitgebers nur innerhalb Deutschlands. Auch die Prüfung, ob andere Stellen frei sind gemäß § 1 II KSchG hat insoweit nur innerhalb der Grenzen Deutschlands zu erfolgen.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, eine sachgrundlose Befristungsverlängerung sei unwirksam, weil die Erstbefristung schon unwirksam war, muss er zuvor die Erstbefristung innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG gerichtlich angegriffen haben.

  1. Die Regelung in § 26 Abs 1 Satz 2 TVöD, wonach Beschäftigte nach der Vollendung ihres 40. Lebensjahres in jedem Kalenderjahr Anspruch auf 30 Arbeitstage Urlaub haben, während der Urlaubsanspruch bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres nur 26 Arbeitstage und bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres nur 29 Arbeitstage beträgt, beinhaltet eine unmittelbare, nicht gerechtfertigte Diskriminierung wegen des Alters.
  2. Der Verstoß der in § 26 Abs 1 Satz 2 TVöD angeordneten Bemessung des Urlaubs nach Altersstufen gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters kann für die Vergangenheit nur beseitigt werden, indem der Urlaub der wegen ihres Alters diskriminierten Beschäftigten in der Art und Weise “nach oben” angepasst wird, dass auch ihr Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr 30 Arbeitstage beträgt.

Alkoholabhängigkeit ist eine Krankheit. An eine Kündigung, die auf ein Verhalten des Arbeitnehmers gestützt wird, das im Zusammenhang mit einer Alkoholsucht steht, sind daher grundsätzlich die gleichen Anforderungen zu stellen wie an sonstige krankheitsbedingte Kündigungen.

Leitsätze

  1. Rechtswidrige und vorsätzliche Handlungen des Arbeitnehmers, die sich unmittelbar gegen das Vermögen des Arbeitgebers richten, können auch dann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung sein, wenn die Pflichtverletzung Sachen von nur geringem Wert betrifft oder nur zu einem geringfügigen, möglicherweise gar keinem Schaden geführt hat.
  2. Das Gesetz kennt auch im Zusammenhang mit strafbaren Handlungen des Arbeitnehmers keine absoluten Kündigungsgründe. Es bedarf stets einer umfassenden, auf den Einzelfall bezogenen Prüfung und Interessenabwägung dahingehend, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses trotz der eingetretenen Vertrauensstörung – zumindest bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht.

Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung

(a) Für die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung kann es von erheblicher Bedeutung sein, ob der Arbeitnehmer bereits geraume Zeit in einer Vertrauensstellung beschäftigt war, ohne vergleichbare Pflichtverletzungen begangen zu haben. Das gilt auch bei Pflichtverstößen im unmittelbaren Vermögensbereich (Senat 13. Dezember 1984 – 2 AZR 454/83 – zu III 3 a der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 81 = EzA BGB § 626 nF Nr. 94). Eine für lange Jahre ungestörte Vertrauensbeziehung zweier Vertragspartner wird nicht notwendig schon durch eine erstmalige Vertrauensenttäuschung vollständig und unwiederbringlich zerstört. Je länger eine Vertragsbeziehung ungestört bestanden hat, desto eher kann die Prognose berechtigt sein, dass der dadurch erarbeitete Vorrat an Vertrauen durch einen erstmaligen Vorfall nicht vollständig aufgezehrt wird. Dabei kommt es nicht auf die subjektive Befindlichkeit und Einschätzung des Arbeitgebers oder bestimmter für ihn handelnder Personen an. Entscheidend ist ein objektiver Maßstab. Maßgeblich ist nicht, ob der Arbeitgeber hinreichendes Vertrauen in den Arbeitnehmer tatsächlich noch hat. Maßgeblich ist, ob er es aus der Sicht eines objektiven Betrachters haben müsste. Im Arbeitsverhältnis geht es nicht um ein umfassendes wechselseitiges Vertrauen in die moralischen Qualitäten der je anderen Vertragspartei. Es geht allein um die von einem objektiven Standpunkt aus zu beantwortende Frage, ob mit einer korrekten Erfüllung der Vertragspflichten zu rechnen ist.

Hier mal wieder eine schöne Entscheidung des BAG zur krankheitsbedingten Kündigung in Verbindung mit dem durchzuführenden bEM (BAG 13.05.2015 – 2 AZR 565/14).
Die Entscheidungssätze lauten wie folgt:

  1. Eine lang andauernde krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit in der unmittelbaren Vergangenheit stellt ein gewisses Indiz für die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit in der Zukunft dar. Der AG genügt deshalb seiner Darlegungslast für eine negative Prognose, wenn er die bisherige Dauer der Erkrankung und die ihm bkeannten Krankheitsursachen vorträgt.
  2. Bei krankheitsbedingter dauernder Leistungsunfähigkeit ist in aller Regel ohne Weiteres von einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen auszugehen. Die völlige Ungewissheit einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit steht einer krankheitsbedingten dauernden Leistungsunfähigkeit gleich, wenn – ausgehend vom Zeitpunkt des Zugnags der Kündigung – jedenfalls in den nächsten 24 Monaten mit einer Genesung nicht gerechnet werden kann.
  3. Um darzutun, dass die Kündigung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügt und ihm keine milderen Mittel zur Überwindung der krankheitsbedingten Störung des Arbeitsverhältnisses als die Beendigungskündigung offenstanden, muss der AG, der entgegen § 84 II SGB IX kein betriebliches Eingliederungsmangement (bEM) durchgeführt hart, dessen objektive Nutzlosigkeit darlegen. Hierzu hat er umfassend und detailliert vorzutragen, warum – auch nach gegebenenfalls zumutbaren Umorganisationsmaßnahmen – weder ein weiterer Einsatz auf dem bisherigen Arbeitsplatz oder dessen leidensgerechte Anpassung oder Veränderung möglich gewesen wären und der AN auch nicht auf einem anderen Arbeitsplatz bei geänderter Tätigkeit hätte eingesetzt werden können, warum also ein bEM in keinem Fall dazu hätte beitragen können, neuerlichen Krankheitszeitenbzw. der Fortdauer der Arbeitsunfähigkeitentgegenzuwirken und das Arbeitsverhältnis zu erhalten.
  4. Ist dem Arbeitnehmer eine Rente wegen voller Erwerbsminderung im Sinne des § 43 II SGB VI bewilligt worden, belegt dies allein nicht die objektive Nutzlosigkeit eines bEM.

KSchG § 1 II 1; SGB IV § 43; SGB IX § 84 II

Das Bundesarbeitsgericht hält Ausbildungsvergütungen, die bei Vorliegen eines einschlägigen Tarifvertrages, diesen unterschreiten, für nicht angemessen im Sinne des § 17 I S. 1 BBiG. So konnte ein Auszubildender 21.258,02 € Ausbildungsvergütung nachfordern, weil ihm über 4 Jahre eine zu geringe Vergütung gezahlt wurde.

Im Übrigen sollen die Ausschlussfristen des Tarifvertrages hier nicht gelten, weil der Auszubildende nicht tarifgebunden war. Insoweit diente der Tarifvertrag nur zur Feststellung der Angemessenheit der Vergütung.

Danach muss ein Arbeitnehmer grundsätzlich damit rechnen, dass ihm im Betrieb vom Arbeitgeber rechtserhebliche Erklärungen, die auch das Arbeitsverhältnis betreffen können, übergeben werden. Eine grundlose Ablehnung dieser Schreiben ist nicht möglich. Im Falle der Ablehnung muss sich der Arbeitnehmer so behandeln lassen, als hätte er von der Erklärung Kenntnis erlangt.

Das Bundesarbeitsgericht hat in vorliegendem Fall entschieden, dass betriebliche Arbeitszeiten im Sinne des § 87 I Nr. 2 BetrVG Zeiten für das An- und Ablegen der Dienstkleidung sein können. Erforderlich hierfür ist, dass Arbeitnehmer im Öffentlichen Raum auf Grund der Ausgestaltung ihrer Arbeitskleidung ohne Weiteres als Angehörige ihres Arbeitgebers erkannt werden können.

Die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) nicht zulässig, wenn zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber bereits acht Jahre zuvor ein Arbeitsverhältnis von etwa eineinhalbjähriger Dauer bestanden hat, das eine vergleichbare Arbeitsaufgabe zum Gegenstand hatte. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Mittwoch entschieden (Urt. v. 23.01.2019, Az. 7 AZR 733/16)

Insoweit ändert das Bundesarbeitsgericht sein bisherige Rechtsprechung, da diese in einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 06.06.2018, Az. 1 BvL 7/14, 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14) kritisiert wurde. Bisher galt, dass nach Ablauf eines Zeitraumes von 3 Jahren erneut eine sachgrundlose Befristung vorgenommen werden kann.

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