Entgeltfortzahlung

Die Entgeltfortzahlung ist im Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) geregelt. Danach muss Arbeitsunfähigkeit vorliegen, damit Sie als Arbeitnehmer Leistungen von Ihrem Arbeitgeber erhalten können, obwohl Sie nicht arbeiten.

Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer gesundheitlich nicht fähig ist, seine zuletzt arbeitsvertragliche geschuldete Tätigkeit auszuüben. Der häufigste Grund für die Arbeitsunfähigkeit ist die Krankheit. Als Krankheit gilt in diesem Zusammenhang jeder Zustand, der eine Heilbehandlung erfordert. Auch nicht rechtswidriger Schwangerschaftsabbruch fällt darunter. Keine Krankheiten sind hingegen normal verlaufenden Schwangerschaften oder Schönheitsoperationen, es sei denn sie sind erforderlich, um ein psychisches Leiden zu beseitigen oder zu lindern.

Die Ursache der Krankheit ist unerheblich. Es kann also auch sein, dass eine Krankheit durch einen Sportunfall ausgelöst wird oder auf einem Arbeitsunfall beruht, der sich im Zusammenhang mit einer anderen erlaubten Nebentätigkeit ereignet hat.

Nicht jede Krankheit führt allerdings auch zur Arbeitsunfähigkeit. Diese liegt nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der Krankheit nicht in der Lage ist, die ihm nach dem Arbeitsvertrag obliegende Tätigkeit zu verrichten oder sich einer medizinischen Rehabilitation unterzieht.

So macht z. B. die Verstauchung eines Fingers einen Frisör arbeitsunfähig, einen Pförtner aber nicht. Sie müssen also immer genau prüfen, worin Ihre arbeitsvertragliche Pflicht besteht und ob Sie diese noch ausüben können.

Zu Schwierigkeiten mit dem Arbeitgeber kommt es immer dann, wenn der Arbeitnehmer während seiner Krankschreibung, also der Arbeitsunfähigkeit, in der er seinen eigentlichen Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis nicht nachgehen kann, bei Freizeitaktivitäten angetroffen wird. Jedoch können diese durchaus möglich bleiben. Warum sollte z. B. der Frisör mit dem verstauchten Finger nicht auch einen Spaziergang machen dürfen. Er muss natürlich nicht den ganzen Tag das Bett hüten. Es kommt wiederum auf den Einzelfall an.

Weit verbreiteter Irrglaube besteht hinsichtlich der Anzeige- und Nachweispflichten des Arbeitnehmers ggü. dem Arbeitgeber im Hinblick auf die Erkrankung. Gemäß § 5 Abs. 1 EntgFG muss der Arbeitnehmer natürlich sofort dem Arbeitgeber Bescheid geben, wenn ihm bekannt ist, dass er nicht zur Arbeit erscheinen kann. Hierbei bedeutet sofort ohne schuldhaftes Zögern. Es geht hierbei vor allen Dingen um die Planungsmöglichkeit für den Arbeitgeber.

Erst wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als 3 Arbeitstage andauert, muss der Arbeitnehmer am folgenden Tag, also am vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit zusätzlich zur Krankheitsanzeige auch eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen. Die Art der Erkrankung muss darin nicht angegeben werden.

Allerdings ist der Arbeitgeber berechtigt, die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu einem früheren Zeitpunkt zu verlangen. Auch dies ergibt sich aus § 5 des EntgFG. Sie müssen also immer prüfen, ob in Ihrem Vertrag, einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung oder sogar durch Dienstanweisungen ein früherer Zeitpunkt für die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arztes vorgesehen ist.

Oft kommt es auch zu Problemen mit ausländischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, nämlich wenn die Erkrankung im europäischen oder außereuropäischen Ausland auftritt. Insoweit ist eine innerhalb der EU getroffene Feststellung der Arbeitsunfähigkeit für den Arbeitgeber verbindlich. Bei einer außerhalb der EU ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt es darauf an, dass der ausländische Arzt zwischen einer bloßen Erkrankung und einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Krankheit unterschieden und damit eine den Begriffen des deutschen Arbeits- und Sozialversicherungsrechts entsprechende Beurteilungen vorgenommen hat.

Bleiben dem Arbeitgeber trotz ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Zweifel an einer Erkrankung, so kann er verlangen dass sich der Arbeitnehmer einer Untersuchung bei einem ihm gewünschten Arzt unterzieht. Es besteht auch die Möglichkeit, durch ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung überprüfen zu lassen. Wird durch den MDK festgestellt, dass eine Arbeitsunfähigkeit nicht vorliegt, diese durch den behandelnden Arzt aber bejaht, so hat der Arbeitnehmer nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts aus dem Jahre 2005 ohne den weiteren Beweis der Arbeitsunfähigkeit kein Anspruch auf die Zahlung der Entgeltfortzahlung.

Verstöße gegen die Anzeige und Nachweispflichten können entsprechende Folgen haben:

  1. Zeigt der Arbeitnehmer die Erkrankung verspätet an, kann dies später zu Schadensersatzansprüchen des Arbeitgebers führen, wenn der Arbeitgeber durch die verspätete Anzeige sein ggü. Drittenregress oder Reklamationsforderungen ausgesetzt ist.
  2. Wenn der Arbeitnehmer die ärztliche Bescheinigung nicht vorlegt, der Arbeitgeber zunächst berechtigt, die Entgeltfortzahlung insgesamt zu verweigern. Insoweit kann jedoch die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch den Arbeitnehmer nachgeholt werden.
  3. Der Arbeitgeber ist auch berechtigt, bei fehlender Anzeige und Nachweispflicht bei vorausgegangener Abmahnung ein Arbeitsverhältnis unter Umständen zu kündigen.

Entgelt bei Krankheit

Nach § 3 EntgFG ist für die Dauer von bis zu sechs Wochen das Entgelt bei Krankheit fortzuzahlen. Wichtig ist jedoch hierfür, dass das Arbeitsverhältnis bereits länger als 4 Wochen bestanden hat, andernfalls müssten Sie Ihre Ansprüche erst einmal gegen die Krankenkasse richten.

Bei selbstverschuldeten Krankheiten greift die Entgeltfortzahlungsverpflichtung nicht. Dies gilt insbesondere für Bungee-Jumping oder z. B. Kickboxen.

Die Höhe des Entgeltfortzahlungsanspruchs richtet sich nach der Vergütung, die dem Arbeitnehmer normalerweise zusteht. Er erhält also grundsätzlich 100 % seines Arbeitsentgelts.

Da der Entgeltfortzahlungsanspruch bei Arbeitsunfähigkeit auf sechs Wochen begrenzt ist, schließt sich bei der darüber hinausgehenden Krankheitsdauer das so genannte Krankengeld nach SGB 5 an. Die Höhe des Krankengeldes beträgt ca. 70 % des regelmäßig erzielten Brutto-Arbeitsentgelts bis zur Beitragsbemessungsrente, jedoch nicht mehr als 90 % des letztens Nettoarbeitsentgelts. Das Krankengeld ist einschließlich Lohn- oder Gehaltsfortzahlung auf 78 Wochen innerhalb von drei Jahren beschränkt.

Unter Umständen kommt auch die Zahlung von Verletztengeld nach § 45 SGB VII im Betracht, wenn es sich um eine Arbeitsunfähigkeit handelt aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit. Auch das Verletztengeld endet mit Ablauf der 78. Woche vom Beginn der Arbeitsunfähigkeit an. Es beträgt 80 % des regelmäßig erzielten Bruttoarbeitsentgelts, ist jedoch auf die Höhe des Nettoarbeitsentgelts begrenzt.

Betriebliches Eingliederungsmanagement

Wichtig für Sie ist noch zu beachten, dass im Falle einer Erkrankung von mehr als sechs Wochen im Jahr der Arbeitgeber ein so genanntes betriebliches Eingliederungsmanagement (kurz: BEM) durchführen muss. Damit sollen Ursachen von längerfristige Arbeitsunfähigkeit erkannt werden und Abhilfe durch den Arbeitgeber geschaffen werden, wenn es möglich ist. Der Arbeitgeber muss insoweit gemeinsam mit dem Arbeitnehmer schauen, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden wird und wie erneute Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann.

Kommt der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur Durchführung des BEM nicht nach, so kann dies Auswirkungen auch auf die Wirksamkeit einer ausgesprochenen krankheitsbedingten Kündigung haben. Der Arbeitgeber muss nämlich beweisen, dass auch ohne die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements eine weitere Beschäftigung des Arbeitnehmers nicht möglich ist.

Was ist nun für Sie bei dieser Beurteilung der Entgeltfortzahlung wichtig:

  1. Zeigen Sie eine Erkrankung unverzüglich Ihrem Arbeitgeber an
  2. legen Sie spätestens am vierten Tag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor,
  3. achten Sie auf die richtige Berechnung der Höhe der Entgeltfortzahlung und die richtige Dauer,
  4. melden Sie sich bei einer längeren Erkrankung unverzüglich bei Ihrer Krankenkasse,
  5. prüfen Sie die Höhe der Entgeltfortzahlung, soweit es Ihnen möglich ist.

Sollten Sie mit irgendeinen dieser Punkte Schwierigkeiten haben stehen wir Ihnen als Ansprechpartner für die Prüfung und die Geltendmachung von Ansprüchen ggü. dem Arbeitgeber gern zur Verfügung.

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